Wann wir über Gott und die Wissenschaft sprechen, werden wir immer wieder mit Aussagen konfrontiert, die sinngemäß lauten: Glaube und Wissenschaft sind nicht miteinander zu vereinbaren. Aufgrund unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse wissen wir heute, wie die Dinge funktionieren, wir brauchen keinen Gott mehr als „Erklärung für Blitz und Donner“. Auf diese Weise hat die Wissenschaft eindrucksvoll belegt, dass es keinen Gott braucht, um die Welt in Gang zu halten.

Hat sie das?

Diese Behauptung enthält ein ganzes Bündel von Falschaussagen. Die erste Falschaussage ist, dass die Kirche immer wissenschaftsfeindlich war. Das stimmt nicht. Bis zu Beginn der Neuzteit waren Klöster die zentralen wissenschaftlichen Forschungsstätten, an denen basierend auf den Glauben an einen ordnenden Gott versucht wurde, diese Ordnungen in der Natur wiederzufinden. Nicht umsonst waren diese klösterlichen Forschungsstätten die Keimzellen unserer heutigen Universitäten, und war es der Glaube an einen ordnenden Gott, der das, was wir heute unter wissenschaftlichen Denken verstehen, überhaupt erst entstehen ließ.

Die nächste Falschaussage ist, dass der Atheismus eine Weltanschauung ist, die sich aus einem wissenschaftichen Zugang zur Wirklichkeit zwangsläufig ergibt. Diese Aussage ist doppelt falsch. Zum einen negiert sie, dass die Naturwissenschaft von ihrem Wesen her unmöglich Aussagen über transzendente Dinge machen kann. Was heißt das: Die Naturwissenschaft kann sich nur mit der sichtbaren und messbaren Wirklichkeit beschäftigen. Alles was außerhalb dieses Rahmens liegt, kann sie nicht fassen. Zum anderen behauptet sie, dass der Atheismus eine „natürliche“ und „aus sich selbst heraus ergebende“ Weltanschauug ist, und daher der einzig „objektive“ Zugang zur Wirklichkeit sei. Auch das ist falsch. Der Atheismus ist genau so ein Glaubenssystem wie jede andere Religion oder Philosophie der Welt auch. Er ist keiner Religion oder Philosophie in irgendeiner Form „überlegen“, weil er eben auch nicht auf irgendeine Weise beweisbar ist. Natürlich kann man der Meinung sein, dass außerhalb der sichtbaren und messbaren Wirklichkeit nichts existiert. Beweisen kann man diese Aussage aber nicht.

Und schließlich ist auch jene Aussage grundfalsch, dass Glaube quasi eine „Krücke“ ist, mit der wir uns über jene Bereiche, die wir bisher wissenschaftlich noch nicht erfassen können, „hinwegschummeln“. Der Gott der Bibel war nie ein „Gott der Lücke“, sondern eine Macht, die der Schöpfung eine Ordnung verleiht, und die Wissenschaft jene Disziplin, deren Aufgabe es war, diese Ordnung zu erkennen und zu verstehen. Genau deswegen gab und gibt unter Naturwissenschaftlern eine erhebliche Anzahl gläubiger Christen, die sich nicht deswegen dem Christentum zuwandten, weil sie die Lücken in ihrer Erkenntnis nicht ertragen konnten, sondern im Gegenteil: Eben weil sie in der Naturwissenschaft Dinge erkannt und verstanden hatten, kamen sie zu der Überzeugung, dass die einzig sinnvolle Schlussfolgerungen aus ihren Erkenntnissen darin besteht, dass hinter den erkannten Dingen ein intelligenter, ordnender Schöpfer steht.

Diese Menschen glauben nicht deswegen, weil sie nicht wissen. Das Gegenteil ist wahr. Diese Menschen glauben weil sie wissen. Sie glauben nicht deswegen, weil sie nicht klug genug sind um es besser zu wissen – was bei Spitzenforschern auch schwer vorstellbar ist. Gerade weil sie so viel erkannt und verstanden haben, sind sie zu der Überzeugung gekommen, dass der christliche Glauben den intellektuell wesentlich schlüssigeren und tragfähigeren Rahmen für diese Erkenntnisse bietet als der Atheismus.

Lassen wir uns also von so lautstark vorgeschlagenen Argumenten nicht allzusehr beeindrucken, denn letztlich sind auch sie nur Glaubensaussagen, die durch nichts zu beweisen sind. Und lassen wir uns bitte nicht auf diese Diskussionen ein. Die führen zu nichts.

Wir haben etwas viel wertvolleres. Wir haben erlebt, was es bedeutet, einen lebendigen Gott zu haben und mit ihm in Beziehung zu stehen. Wir haben erlebt, wie das unser Leben verändert hat. Apologetik ist keine schlechte Sache. Es ist gut, wenn wir unseren Glauben auch intellektuell verstehen und erklären können. Das kann aber niemals das Fundament meiner ganz persönlichen Beziehung zu Gott ersetzen. Wichtiger als jedes intellektuelle Argument ist, dass wir als Christen eine tiefe, lebendige Beziehung zu Gott leben, wo unser Leben getragen ist von seiner permanenten Nähe und Gegenwart. Ich halte das für wesentlich wichtiger als jedes intellektuelle Argument. Denn wenn Gott auf diese Weise auf uns „abfärbt“, wird das nicht nur etwas mit uns selbst machen, und unser Denken und Handeln grundlegend verändern. Es wird auch mit den Menschen um uns herum etwas machen. Weil sie spüren, dass etwas in uns ist, dass „größer als in der Welt“ ist. Darüber lohnt es sich zu sprechen. Viel mehr als jedes intellektuelle Streitgespräch.