ich lese gerade dieses buch von gregory boyd. nein, es ist kein politisches buch. sondern ein buch, das uns zurückruft in eine konsequente jesus-nachfolge. es ist eine erinnerung daran, worum es in der nachfolge eigentlich geht. nicht um politische anerkennung. nicht um einfluss. nicht um macht „von oben“, die sich nicht über menschen stellt, um sie zu lenken und zu kontrollieren. sondern um macht „von unten“, die sich dienend unter menschen stellt, um ihnen zu helfen und sie zu befreien von ihren lasten und ungesunden bindungen.

die jesus-herausforderung besteht für mich darin, wie anders es ist, jesus nachzufolgen. wie fundmental die unterschiede zu dem sind, was uns als menschen prägt, wie wir „normalerweise“ denken und handeln, wie wir mit uns selbst und mit unseren mitmenschen umgehen. in der unmöglichkeit, das aus mir selbst heraus leben zu können. und in der faszination dafür, weil ich spüre, dass darin das „eigentliche“ leben verborgen liegt. das leben, zu dem ich eigentlich berufen bin. und in dem spannungsfeld, das paulus im römerbrief in kapitel 7 und 8 beschreibt. das „was ich nicht will, das tue ich“ auf der einen seite, und dem „durch jesus in mir ist mir alles möglich“ auf der anderen. heute hat mich folgende frage aus dem buch beschäftigt:

wie sichtbar ist das reich gottes?

was meine ich (bzw. christen im allgemeinen) mit „reich gottes“? die definition ist einfach: reich (oder herrschaftsbereich) gottes ist überall dort, wo jesus sichtbar wird: wo seine bedingungslose liebe und seine heilende und lebensverändernde kraft durch seine nachfolger sichtbar und wirksam wird. wo die spirituelle atmosphäre von gottes geist geprägt ist und negative spirituelle kräfte keinen zugang haben. wo ein raum ist, in dem menschen die kraft gottes erleben können. und zwar ganz normal in ihrem persönlichen alltag, in der arbeit, auf der straße, beim einkaufen.

greg boyd schreibt, dass das reich gottes überhaupt nichts geheimes oder verborgenes ist. es ist nichts, was man erst suchen muss. reicht gottes ist für die menschen etwas, das sehr leicht erkennbar ist, wenn es wirklich wirksam wird. weil es geprägt ist von einem geist der liebe und des dienens. bedingungslos für andere da sein. menschen gottes kraft vorleben und erleben lassen.

john wimber schrieb in dem zusammenhang von einem für ihn erschütternden erlebnis, das er am anfang seiner reise mit gott hatte. er kam mit einem indischen oder pakistanischen taxifahrer ins gespräch, erzählte ihm, dass er pastor ist, und fragte den taxifahrer später, wie er sich denn eine christliche kirche vorstelle. der taxifahrer konnte ihm eine klare antwort geben: sie sollte ihre botschaft auf positive weise vermitteln, geprägt sein von liebe für die mitmenschen, sie sollte sich an die bedürftigen und menschen am rand der gesellschaft verschenken. so jedenfalls meine erinnerung. für john wimber war das insofern erschütternd, weil er sah, dass die menschen außerhalb der kirche auf gewisse weise besser verstanden haben, worum es bei kirche geht, als die menschen innerhalb der kirche.

es gibt den schönen satz: „verkündige die botschaft von jesus immer und überall. und wenn es sein muss auch mit worten“.

das fordert mich heraus. aber es ist eine notwendige herausforderung. es ist für mich ein ruf von jesus zurück in das eigentliche. in das, worum es ihm geht, und weg von dem worum es mir geht. ich kenne die zeiten, wo mir das leicht fiel. wo ich nicht darüber nachdenken musste, sondern das einfach lebte, weil es aus mir herausfloss. im moment geht es mir nicht so. ja, ich habe viel zu tun. aber das ist keine ausrede. die frage ist, womit ich meine restliche zeit verbringen. nutze ich meine freie zeit für dinge, die mir gut tun. oder mit dingen, die mich runterziehen. derzeit kippe ich zu oft in letzteres hinein. und das hat auswirkungen. die dinge, mit denen wir uns beschäftigten, färben auf uns ab. wenn ich mich mit negativen dingen beschäftige, werden irgendwann negative dinge aus mir herauskommen. wenn ich mich hingegen mit jesus beschäftige, wird immer mehr jesus aus mir herauskommen.

das klingt nach arbeit. ist es aber nicht. sondern befreiung. befreiung von destruktiven denk- und verhaltensmustern. befreiung von dingen, die mich runterziehen.

wir wünschen uns als kirche, dass wir die menschen, die gott noch nicht kennen, mit seiner botschaft erreichen. wir wollen nicht „missionieren“. das funktioniert in wirklichkeit ja sowieso nicht. aber wir wollen menschen eine möglichkeit geben, gottes kraft und gegenwart zu erleben. damit sie ganz konkret erkennen können, wer gott ist und worum es ihm geht. damit sie auf der basis dieser erfahrung eine entscheidung treffen können, ob sie diesem jesus nachfolgen wollen oder nicht. so geht menschen gewinnen. alles andere bringt glaube ich keine langfristigen ergebnisse hervor.

dieses rausgehen zu den menschen ist wichtig und notwendig. weil das unser auftrag von jesus ist. was aber viel wichtiger ist, ist die frage, wie ich meine ganz persönliche jesusnachfolge lebe. das was die bibel darunter versteht ist ein wortwörtlich zu nehmendes „nachmachen“. so wie jemand, der hinter einem anderen hergeht, und alles nachmacht, was die person vor ihm tut.

wie kann das gehen? ich sehe nur eine möglichkeit: indem ich viel zeit mit der person verbringe. heißt: indem ich viel zeit mit jesus verbringe. meine bibel lese. weil das nicht menschliche worte sind, sondern gottes wort. und gottes worte tragen eine kraft in sich, die uns verändert. es macht etwas mit mir, wenn ich gottes worte immer wieder lese. es verändert mich. nicht nur im denken, sondern – viel wichtiger – ganz tief in meinem innersten. aber nicht nur lesen. sondern auch reden. mich mit jesus und meinem himmlischen vater austauschen im gebet. ehrlich sein vor ihm. aber auch hören auf ihn. offen sein für das, was er mir zeigt und sagt. bereit sein, darauf zu hören und zu leben, was ich verstanden habe. bereit sein, zu riskieren, indem ich meine gewohnten bahnen verlasse und stattdesse das tue, was gott mir sagt.

wenn ich darin konsequent bin, dann macht das etwas mit mir. es verändert nicht mein verhalten. sondern mein innerstes. das, was die bibel als „herz“ bezeichnet. mein empfinden, mein denken, mein wollen. echte veränderung passiert von innen nach außen. jesus sagte: „wovon das herz erfüllt ist, das kommt aus deinem mund heraus“. er sagte in zusammenhang mit den jüdischen speisevorschriften auch: nicht das, was wir als essen zu uns nehmen, verunreinigt uns. sondern das negative, das aus unserem herz herauskommt. dort sitzt der kern unserer probleme. und dort brauchen wir veränderung.

wenn jesus uns dort verändert, dann wird das nicht versteckt bleiben. das wird nach außen hin sichtbar. das geht gar nicht anders. kirche hat den auftrag, der körper von jesus zu sein. und ich als einzelner bin ein teil dieses körpers. jesus lebte als mensch ganz real unter uns. und genauso real sollten wir als christen jesus leben. das ist mein und unser auftrag. das ist nichts, was im verborgenen passiert. wenn ich jesus lebe, dann sieht man das. und genau dort will ich hin. ja, dazu braucht es arbeit an mir selbst. im moment bin ich gerade dabei, mich wieder einmal mit meinem bild von gott zu beschäftigen, und damit, wo meine vorstellung von gott von meinen menschlichen erfahrungen und gedanken geprägt ist anstatt von dem, was gott von sich selbst sagt. das sind wichtige fragen, weil unser bild von gott unser ganzes denken und handeln bestimmt. selbst wenn wir atheisten sind. auch die atheistische verneinung der existenz gottes ist ein gottesbild. ich möchte, dass mein ganz persönliches bild von gott dem entspricht, was gott von sich selbst sagt. weil dieses bild – im gegensatz zu meinem – ein durch und durch positives ist. eines, das mich nicht niederdrückt, sondern aufrichtet. eines das mir kraft gibt anstatt kraft zu rauben. das brauche ich. und in wirklichkeit wir alle. weil das unser innerstes zutiefst verändert.

ich glaube, die größte jesus-herausforderung ist unser aller alltagsleben. in der kirche, oder irgendeinem anderen für uns sicheren umfeld ist es einfach, jesusmäßig zu reden und zu handeln. es ist einfach, wenn wir als kirche zu den menschen rausgehen. weil wir da meistens mit fremden zu tun haben. viel schwieriger ist es dort, wo uns menschen kennen. in der nachbarschaft. in der arbeit. in der familie. wenn wir alleine sind und keiner zuschaut. dort spielen sich die eigentlichen dinge ab. dort wird sichtbar, was uns wirklich prägt. ich glaube, dass die wahren spirituellen durchbrüche dort sichtbar werden. wenn wir dort jesusmäßig leben, dann wird reich gottes wirklich sichtbar. dann sind wir dort, wozu wir berufen sind. jesus nachzumachen. das tun, was er tun will. aus seiner kraft heraus leben und nicht aus unserer eigenen. dort ist das echte leben daheim. und wenn das uns prägt, dann kann das gar nicht versteckt bleiben. dann wird „reich gottes“ sichtbar und angreifbar. durch uns. durch mein leben. durch das, was ich bin. dann bin ich ein wirksamer teil seines körpers, und dann können menschen durch mich jesus so konkret und real erleben, wie damals, als er selbst auf dieser erde lebte.