Ich habe heute wieder etwas dazugelernt. Als ich in der Früh spazieren ging, kam ich am Rand des Helmut-Zilk-Parks am Spacelab vorbei, wo in der Fensterfront ein Poster zum Thema Gender hing. Laut diesem Poster bin ich eine cis-Person. Das bedeutet laut Aussage am Poster: Ich „lebe in dem Geschlecht, das mir bei der Geburt zugewiesen wurde“.

Ja, genau: „Zugewiesen“. Dass ich heute als heterosexueller Mann lebe, hat also nichts damit zu tun, dass ich in allen Zellen meines Körpers ein y-Chromosom mit mir herumtrage, sondern offenbar einzig und allein damit, dass der Arzt, der mich zur Welt brachte (es muss ein Mann gewesen sein, denn wie wir alle wissen bringen nur Männer so etwas zustande!), meinte: „Dieses Baby hat ein Spatzerl, also wird das einmal ein MANN und basta!“ Und so lebe ich nun seit über 51 Jahren ein fremdbestimmtes Leben, weil man im Jahr 1969 noch so tief in patriarchalen Denkmustern gefangen war, dass es für alle an der Geburt beteiligten 1Einschließlich meiner beiden Eltern, mein Vater hatte schließlich auch etwas damit zu tun, dass es zu meiner Geburt kam. völlig undenkbar war, dass ein Säugling, der einen Penis trägt, keineswegs dazu verdammt sein muss, den Rest seines Lebens in einer männlichen Identität zu verbringen. Offenbar habe ich da wirklich etwas aufzuarbeiten, weil ich in einer reaktionären Gesellschaftsordunung völlig unreflektiert und ungefragt in einen Lebenentwurf hineingeprägt wurde, und zu allem Überdruss meine Eltern dieses böse Spiel auch noch aktiv mitspielten, und sie mir auf diese Weise sämtliche Chancen nahmen, mein wahres Ich zu finden und zu leben.

Ja, schon klar, ich überzeichne hier. Aber gerade die Überzeichnung macht so deutlich sichtbar, wie absurd und Realitätsfern gewisse Konzepte der Gendertheorie in Wirklichkeit sind. Schauen wir uns doch einmal die Fakten an:

Zweigeschlechtlichkeit ist aus evolutionärer Sicht ein absolutes Erfolgsmodell. Die dadurch entstandene Spezialisierung und Aufgabenteilung hat es möglich gemacht, dass die Arterhaltung durch Nachwuchs deutlich effizienter wurde. Zweigeschlechtlichkeit heißt aber zwangsläufig: Fortpflanzung ist nur mehr auf heterosexuellem Weg möglich. 2Ich habe es nicht recherchiert, bin mir aber sicher, dass es in der Natur Ausnahmen davon gibt.  Ausnahmen dieser Art bestätigen aber normalerweise insofern die Regel, als sie meist hochspezialisierte Anpassungen an besondere Lebensbedingungen sind, und alleine deswegen gar nicht der Regelfall sein können Heterosexualität ist also nichts, was sich das böse Patriarchat ausgedacht hat, sondern eine biologische Notwendigkeit, ohne die es uns nicht mehr gäbe. Deshalb ist es auch keine böse, heteronormative Ideologie, sondern eine sehr sinnvolle Sache, heterosexuelle Partnerschaften, und ganz besonders Familien zu unterstützen, damit sie möglichst erfolgreich Kinder großziehen können. 3Dass die künstliche Befruchtung eine gleichwertige Alternative zum heterosexuellen Geschlechtsverkehr ist, glauben nur diejenigen, die nicht wissen, mit welchem Aufwand und Strapazen diese Prozedur verbunden ist, und dass die Erfolgsrate dabei leider nicht sehr hoch ist. Um das zu sehen, muss man kein Christ sein, und schon gar kein Fundamentalist, dazu genügt ein schlichter (und wenn möglich sachlicher) Blick auf die biologischen Gegebenheiten in der Natur.

Aber bringen wir doch einmal Gott ins Spiel, denn darum geht es ja am Ende. Schließlich ist er schuld daran, dass unsere Genetik uns mit einem bestimmten Körper ausstattet, der uns wiederum in diesen binären Lebensentwurf hineindrängen will. Woher kommt das Konzept der Zweigeschlechtlichkeit aus biblischer Perspektive?

Die in diesem Fall überhaupt nicht flapsige, sondern einzig zutreffende Antwort ist: Da muss man bei Adam und Eva anfangen. Es ist der Schöpfungsbericht, wo uns das Konzept der Zweigeschlechtlichkeit vorgestellt und erklärt wird. Was steht da im ersten Kapitel des ersten Buches Mose:

26 Und Gott sprach: Lasst uns Menschen4Hebräisch: Adam; das heißt: „Von der Erde“ (adama = Erdboden) machen in unserm Bild, uns ähnlich!5Wörtlich: Nach unserem Abbild oder Aussehen.

[…]

27 Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau6Wörtlich: Männlich und weiblich schuf er sie.

Ich greife hier bewusst zur etwas sperrigen Elberfelder Übersetzung, weil die richtige Wiedergabe der Grammatik des Ursprungstextes hier so entscheidend ist. Die Kernaussagen dieses Textes sind folgende:

  • Der Mensch ist so geschaffen, dass er etwas von Gottes Wesen und Charakter wiederspiegelt (Vers 26) Diese Aussage wird zu Beginn von Vers 27 wiederholt (was ein Stilmittel ist, das man benützt, um die Wichtigkeit einer Aussage zu verdeutlichen) und erweitert:
  • „Der“ Mensch (Einzahl), im Sinne der gesamten Menschheit bzw. der Gattung Homo Sapiens an sich, spiegelt Gott wieder.
  • „Die Menschen“ (Mehrzahl), im Sinne der einzelnen menschlichen Individuen, sind aber in Form zweier Geschlechter, nämlich männlich und weiblich, geschaffen.

Was lernen wir daraus:

Dass Männer und Frauen in gewissen Bereichen sehr verschieden sind, darin waren wir uns bis weit in die 1990er-Jahre hinein weitgehend einig. Interessanterweise sagt die Gendermedizin, die Ende der 1990er-Jahre entstand, genau das gleiche: Männer und Frauen unterscheiden sich in ihrem Denken, ihrer Wahrnehmung, wie sie sich ausdrücken und wie ihr Körper an sich funktioniert, deutlich. Interessanterweise finden es Wissenschaftlerinnen aus den Gender Studies trotzdem nicht notwendig, mit Gendermedizinerinnen zu reden, wie Harald Martenstein 2013 für seinen Artikel „Schlecht, schlechter, Geschlecht“ in der Zeit festgestellt hat. Der Artikel steht mittlerweile leider hinter der Paywall.

Daraus wiederum ergibt sich, und das ist für mich der ganz entscheidende Punkt: Männer und Frauen spiegeln die vielen Aspekte von Gottes Wesen und Charakter auf unterschiedliche Weise wieder. Es gibt Wesenszüge Gottes, die vor allem in Männern sichtbar werden, und andere, die vor allem in Frauen sichtbar werden. Das wird in den Büchern der Propheten des Alten Testaments bestätigt, wo Gott sich selbst einmal mit ausgeprägt „weiblichen“ und ein anderes Mal mit ausgeprägt „männlichen“ Eigenschaften selbst beschreibt.7Dass die Bibel nicht „patriarchal“ ist, zeigt sich mir zum Beispiel darin, dass ich als Mann die „Braut“ von Jesus bin. Ehrlich gesagt kann ich damit ganz gut leben, mir nimmt das nichts von meinem Mann-Sein. Eine Anekdote dazu: In der Nachtwelle, die vor vielen Jahren ein Wiener Treffpunkt verrrückter tanzbegeisterter Menschen war, hat mich einmal ein Mann geschnappt und mich im Tanz geführt. Nachdem er dabei niemandem irgendwelche Avancen machte, sondern sich quer durch den Saal einfach nur immer wieder die nächstbeste Person egal welchen Geschlechts schnappte, war mir das überhaupt nicht unangenehm. Im Gegenteil: Es war eine angenehme Abwechlsung, im Tanz einmal nicht denken zu müssen, sondern einfach nur der Führung eines anderen Menschen zu folgen.

Das Problem, das ich bei den Gender Studies sehe, ist ein ähnliches wie beim Feminismus. Zu oft erlebe ich es, dass der Feminismus einen zentralen Teil des Frau-Seins, nämlich ihre Gebärfähigkeit mit allem was dazu gehört, abwertet, und damit einen real existierenden Teil des zerstörerischen patriarchalen Denkens nicht widerlegt, sondern bestätigt.8Nein, ich reduziere Frauen nicht auf diese Funktion zu reinen „Gebärmschinen“. Ich finde es lediglich absurd und abwertend, die Gebärfähigkeit aus dem erwünschten Teil des Frau-Seins rauszustreichen.  Dieses Denken geht davon aus, dass Frauen an sich defizitäre Wesen, und aufgrund ihrer Biologie, ihres Denkens und ihres Empfindens Männern grundsätzlich unterlegen sind. Wenn der Feminismus als Reaktion darauf sagt, dass Gleichtstellung bedeutet, dass Frauen endlich voll und ganz männlichen Lebensentwürfen folgen können, um sich endlich selbst verwirklichen zu können, sagt er damit gleichzeitig, dass der männliche Lebensentwurf dem traditionell weiblichen überlegen ist. Das klingt sehr attraktiv. Vor allem für jene Frauen, die gegen ihren Willen in Rollen gedrängt wurden, die ihnen nicht entsprechen. Wenn wir das aber zum Ideal erheben, verabsolutieren wir das Männliche und verlieren die so wichtige und notwendige Ergänzung von Männlichem und Weiblichen. Die Finanzkrise hat uns anschaulich gezeigt, wozu es führt, wenn diese Ergänzung fehlt.

Aus dem Schöpfungsbericht ergibt sich: Männer und Frauen stehen einander völlig gleichwertig gegenüber und sind in ihrer Verschiedenheit nicht „Gegner“, sondern zutiefst aufeinander angewiesen. Weder der Mann noch die Frau spiegeln für sich alleine das ganze Wesen Gottes wieder. Es braucht die Vereinigung beider Geschlechter für das ganze Bild. Womit wir direkt beim heterosexuellen Liebesakt gelandet wären, den ich als tiefstes Abbild der göttlichen Dreieinigkeit sehe, aus deren Vereinigung in Liebe im Göttlichen völlig Neues in Form der Schöpfung entstand, und im menschlichen Abbild davon neues Leben in Form eines Kindes. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Tragik der Gender Studies besteht darin, dass sie den Wert und die Schönheit der Zweigeschlechtlichkeit in die Tonne tritt und stattdessen sagt: Pah, das ist nur ein widernatürliches Korsett, befreien wir uns doch endlich davon, um unser wahres Selbst zu finden. Anstatt das Wunder zu feiern, wenn ein Mann und eine Frau in einer Beziehung eins werden und sich gegenseitig zu etwas Neuem, Größeren erweitern,9Ich finde den Begriff „erweitern“ viel besser als „ergänzen“, weil alleinstehende Menschen keine defizitären Wesen sind, denen ohne Partnerin oder Partner etwas ganz entscheidendes fehlt zu einem erfüllten Leben, sondern als eigenständige Menschen in sich selbst gut, richtig und vollständig. verschmieren wir alles zu einem seltsamen Einheitsbrei, wo nichts mehr falsch ist, und damit auch nichts mehr richtig, und somit am Ende alles eh wurscht ist und wir nur mehr unseren momentanen Befindlichkeiten folgen. Ich bin mir nicht sicher, ob das so erstrebenswert ist, wie einige glauben. Für mich ist das der traurige und würdelose Endpunkt des westlichen Konsumdenkens, das sich zu nichts Höherem mehr aufraffen kann und will, sondern nur mehr ziellos in einem trüben Meer der gleichgültigen Mittelmäßigkeit dahintümpelm will. Visionäres Gestalten habe ich aus dieser Haltung heraus jedenfalls noch nicht erlebt.

Ist es gut, wenn Männer und Frauen in klischeehafte Lebensentwürfe gedrängt werden, und alle Abweichungen davon sozial bestraft werden? Natürlich nicht. Gott ist ein Gott der Vielfalt, und für mich ist es ein Verbrechen am Wert und der Würde eines Menschen, wenn man ihm die Möglichkeit raubt, das zu leben, was von Gott in sie oder ihn hineingelegt wurde. Denn natürlich gibt es eine unendliche Bandbreite an Möglichkeiten, wie man sein Mann-Sein leben kann (natürlich auch das Frau-Sein, aber darüber weiß ich als Mann klarerweise nicht so gut Bescheid). Ich arbeite ja selbst im Sozialbereich, der eine klassische Frauenbranche ist. Ich entspreche in einigen Dingen überhaupt  nicht klassischen Bildern von Männlichkeit, und etliche „Männerrituale“ oder klassisch männliche Verhaltensweisen sind mir ziemich fremd. Nicht dass ich die blöd finde oder ablehne, ich verstehe sie einfach nur nicht. Und trotzdem spielt sich das alles auf der Plattform des mir von meinen Genen zugewiesenen männlichen Körpers ab, der mich aufgrund seiner biologischen Ausstattung und seines Hormonhaushaltes zutiefst prägt, und es gibt genauso Bereiche, wo ich klassisch männlich ticke. Als Vater zum Beispiel.

Ja, ich könnte mir hohe Dosen Östrogen zuführen, dann würde mein Bartwuchs aufhören, mein Körper mehr Fett einlagern, und vorne würde mir etwas wachsen, das wie Brüste aussieht. Ich könnte mir Penis und Hoden operativ entfernen und so etwas wie eine „Ersatzvagina“ einbauen lassen, aber ich hätte trotzdem weder Gebärmutter noch Eierstöcke. Und das, was vorne an mir wie Brüste aussieht, wären in Wirklichkeit nur funktionslose Attrappen, die nur mit hohem Aufwand in Form einer Kombination nicht unproblematischer Hormongaben dazu gebracht werden könnten, Milch zu produzieren.10Ich habe einen belegten Fall gefunden, wo das funktionierte, und zwar bei einem Paar aus einer biologischen Frau und einer Transfrau. Die biologische Mutter, die das Kind zur Welt brachte, wollte nicht stillen, die Transpartnerin aber schon. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Aber keine Medizin dieser Welt könnte es mir ermöglichen, schwanger zu werden und Kinder zu gebären, weil mein Körper aufgrund seiner Gene niemals dazu in der Lage sein wird.

Ich finde es gut und wichtig, dass wir klischeehafte Rollenbilder und Lebensenwürfe hinter uns lassen und es jedem Menschen – egal welchen Geschlechts – ermöglichen, das eigene Leben so zu gestalten, wie es ihren oder seinen von Gott gegebenen Talenten und Möglichkeiten entspricht. Auch dann, wenn dieser Lebensentwurf sehr „traditionell“ erscheint, wofür man sich in manchen Kreisen heutzutage ja schon fast entschuldigen muss.

Ich finde es auch beschämend und würdelos, wenn wir es nötig haben, Menschen, die nicht heterosexuell empfinden, oder die mit ihrer Geschlechteridentität kämpfen, abzuwerten und auszugrenzen. Homophobie und Transphobie sind mit meinem Menschenbild genauso unvereinbar11Nein, ich glaube nicht, dass ein nicht-heterosexueller Lebensstil dem entspricht, wie wir als Menschen von Gott geschaffen sind und wofür Sexualität da ist. Sie ist meiner Meinung nach keineswegs ausschließlich dazu da, Kinder zu zeugen, weswegen ich sie aber trotzdem nicht als „Trieb“ sehe, den es auszuleben gilt, weil jegliche Einschränkung dieses „Triebes“ zu seelischen Schäden führt. Das zu behaupten ist ähnlich absurd wie zu behaupten, ich müsse alles essen, wonach mir hier und jetzt gerade der Sinn steht, weil ich sonst Schaden an meiner Seele nehme. Schließlich stirbt man, wenn man nichts ist – etwas, das uns zum Glück erspart bleibt, wenn wir keinen Sex haben. Würde ich das Essen so ausleben, wie es heute bei der Sexualität gut und richtig gefunden wird, hätte ich mindestens das doppelte Körpergewicht, wobei mein jetztiges Gewicht auch schon zu hoch ist. Sagt meine Internistin. Meine Frau kann zum Glück gut damit leben. wie die Ausgrenzung von suchtkranken Menschen, obdachlosen Menschen oder Menschen mit einer geistigen Behinderung. Wichtige Anmerkung: Wer sich an dieser Stelle furchtbar darüber aufregt, dass ich Transmenschen auf eine Stufe mit „Giftlern“. „Sandlern“ und „Behinderten“ stelle, dem kann ich nur dringend anraten, einmal seine eigenen Vorurteile gegenüber diesen Menschen zu hinterfragen.

Ich wünsche mir, dass wir aus der ganzen Hysterie um Gender und Geschlechteridentität endlich wieder zurückkehren in eine Normalität, in der wir das Leben nehmen wie es ist, und in dem wir uns bemühen, aus dem, was ist, das Beste zu machen, anstatt ständig so zu tun, als ob irgendwie alles ganz anders wäre. Wenn Gender Studies sich so weit von der Wirklichkeit entfernen, dass sie das biologische Geschlecht als etwas darstellen, das mir „bei der Geburt zugewiesen wurde“, dann braucht es dringend so jemanden wie das kleine Kind in des Kaisers neue Kleider, das auf entwaffnende Weise das Offensichtliche ausspricht: „Aber er hat ja gar nichts an!“ Es ist gut und richtig, dass es Männer und Frauen gibt. Wir brauchen klar Männliches und klar Weibliches. Die Wahrheit ist: Die Vielfalt, die innerhalb dieses Rahmens der biologischen Zweigeschlechtlichkeit möglich ist, ist so unglaublich groß, dass es völlig sinnlos ist, „tausende verschiedene Geschlechter“ zu postulieren, weil diese Vielfalt – würden wir sie denn sehen und wertschätzen wollen – schon längst da ist. Und trotzdem ist auch die „männlichste“ Frau biologisch immer noch weiblich, und der „weiblichste“ Mann biologisch immer noch männlich.

Würden die Gender Studies sich auf das beschränken, was ihre Bezeichnung eigentlich bedeutet, nämlich das Studium sozialer Prägungen in Bezug auf die Geschlechteridentität und Geschlechterrollenbilder, würden sie einen wichtigen und wertvollen Beitrag zu unserer Weiterentwicklung beitragen. Es ist wichtig, diese Dinge zu erforschen und kritisch zu hinterfragen. Wenn wir das auf gesunde Weise tun, können wir eine Menge wertvoller Dinge daraus lernen.

Wenn Gender Studies jedoch unter der Grundannahme geschehen, dass das biologische Geschlecht bedeutungslos ist, und jede Kritik an dieser Hypothese vom Tisch gewischt wird mit dem Argument, dass diese Kritik nur zeigt, dass die kritisierende Person noch in patriarchalem Denken gefangen ist, dann haben wir das Feld der Wissenschaft verlassen und sind mitten in einer Ideologie gelandet, die einen zutiefst autoritären Kern hat, weil sie sich jeglicher Kritik an ihren zentralen Grundannahmen verweigert und alle Kritiker pauschal diskreditiert, indem sie ihnen eine defizitäre Weltsicht unterstellt.

Soll heißen: Wer behauptet, nur seine eigene Sicht der Welt ist richtig, und alle, die ihn kritisieren, tun das nur deshalb, weil sie nicht so gescheit sind wie er selbst, hat selber das größere Problem. Wären die Gender Studies eine Religionsgemeinschaft, würde man sie aufgrund dieser Haltung zu Recht als Sekte bezeichnen.