Oder: Was die Landwirtschaft mit der Jesusnachfolge zu tun hat.
Jesus verwendet oft Bilder von der Landwirtschaft, um uns zu verdeutlichen, wie Gottes Königsherrschaft funktioniert. Immer wieder kommt auch das Bild vom Sämann. Thomas Härry hat daraus ein sehr schönes Bild geformt. Er schreibt, dass er seit einiger Zeit Stadtgärtner ist. Er versucht, seinen Traum vom Gemüse am eigenen Balkon zu verwirklichen, wobei er einiges zu lernen hatte, bis er nach einigen Fehlversuchen endlich eine tolle Tomatenernte einbringen konnte. In Bezug auf unsere persönliche Jesusnachfolge hat er folgendes daraus gelernt:
Es ist richtig, dass Gott das Wachstum und die Reife schenkt. Dazu können wir – genauso wie der Gärtner – nichts dazutun. Bevor aber etwas wachsen kann, gibt es für den Gärtner einiges zu tun:
Der Boden muss vorbereitet sein. Der Platz muss für die Pflanze passen. Dann wird gesät. Im Falle eines Bauern ist damit noch nicht alles erledigt. Es muss zwischendurch gedüngt werden, bei Gemüsekulturen kommt man ums jäten nicht drumherum, am Balkon muss auch noch regelmäßig gegossen werden. Ja, es ist richtig, zum Wachstum der Pflanze selbst, daraus, dass aus dem Samen ein Keimling und dann eine Pflanze wird, die zur richtigen Zeit Früchte trägt, kann der Gärtner bzw. der Bauer nichts beitragen. Das ist nicht in seiner Hand. Und trotzdem ist einige Arbeit damit verbunden, um eine Ernte einbringen zu können. Wenn wir eigene Tomaten wollen, ist es zu wenig, zu Gott zu beten, er möge uns doch bitteschön Tomaten vom Himmel werfen. Wenn wir nicht bereit sind, unseren Teil dazu beizutragen, wird es keine eigenen Tomaten geben.
Was heißt das für meine persönliche Nachfolge:
Den Boden sehe ich als mein Herz, also mein Denken, Wollen und Fühlen. Wenn mein Denken, Wollen und Fühlen nicht bereit ist, sich auf Gott einzulassen, wird er nichts in mein Herz hineinsäen können. Das Gleichnis vom Sämann erzählt uns über die diesbezüglichen Fehlschläge. Ja, es ist richtig, Gott schenkt uns das Wollen und Vollbringen. Er wird es uns aber nur dann schenken, wenn wir uns danach ausstrecken und ihn darum bitten. Das ist unser Teil der Verantwortung, den Gott uns nicht abnimmt.
Der richtige Ort ist für mich die Gemeinschaft mit anderen Christen. Ich kann nicht an mir selbst wachsen. Ich brauche ein Gegenüber. Ich brauche andere Menschen, damit ich in der Begegnung mit ihnen mich selbst erleben und reflektieren kann. Wir Menschen sind zutiefst beziehungsorientierte Wesen, ohne Beziehungen verkümmern wir. Dazu kommt, dass Jesus es so festgelegt hat, dass alle Menschen, die ihm nachfolgen, seinen sichtbaren Körper hier in dieser Welt bilden, durch den Jesus in diese Welt hineinwirkt. Jeder einzelne von uns ist nur ein kleiner Teil dieses Körpers, der nur im Zusammenspiel mit den anderen Körperteilen seine volle Wirksamkeit entfalten kann.
Ja, es gibt eine große Vielfalt an christlichen Kirchen und Gemeinschaften, und das ist gut so. Gott liebt Vielfalt. Nicht jede Gemeinschaft ist für jeden Nachfolger von Jesus die „richtige“. Als Jesusnachfolger stehe ich aber in der Verantwortung, eine Entscheidung für eine bestimmte Gemeinschaft zu treffen und mich dort verbindlich einzubringen. Wenn wir nicht in diesen Körper eingebettet sind, verkümmern wir und verfehlen unser Ziel.
Pflanzen brauchen Sonne. Das ist für mich Gottes Gegenwart. Es braucht meine bewusste Entscheidung, mich Gottes Gegenwart auszusetzen, seine Nähe zu suchen, in beständigem Dialog mit ihm zu leben. Die Bibel sagt: „Hört niemals auf zu beten“ (1. Thessalonicher 5,17)
Wasser und Dünger stehen für mich für die Bibel. Ich brauche es, dass ich mich möglichst täglich mit der Bibel als Gottes Wort an mich beschäftige. Die Bibel ist unsere Richtschnur und unser Maßstab. Gott hat uns damit das Handbuch für ein gelungenes Leben gegeben. In den Sprichwörtern (Kapitel 1, Vers 7) steht: Gott ernst zu nehmen ist der Anfang aller Weisheit. Gott hat uns in der Bibel gezeigt, wer er ist, wie er denkt, und wie wir ein gutes Leben mit ihm führen können – denn ohne ihn ist kein gelungenes Leben möglich. Wenn ich nicht bereit bin, mich mit der Bibel zu beschäftigen, schneide ich mich von meiner zentralen Informationsquelle ab, die mir all diese Dinge zeigen will.
Jäten heißt für mich, dass ich auf mein Herz achte – siehe oben: Mein Denken, mein Wollen und mein Empfinden. Jäten heißt, dass ich mich immer wieder korrigieren lasse, bereit bin, umzudrehen wenn ich in eine falsche Richtung gehe, bereit bin, Fehler einzusehen und mich nach Veränderung meines Charakters ausstrecke. Es ist nicht egal, wie ich mein Leben führe. Es ist nicht egal, welchen Dingen ich mich aussetze, weil all diese Dinge mein Denken, Wollen und Empfinden formen. Es ist meine Verantwortung, mich nach meinen Möglichkeiten und so wie ich es hier und heute verstanden habe von negativen Dingen fern zu halten und positive Dinge anzustreben.
Nochmals: Wenn ich frische Tomaten will, wird Gott sie mir nicht vom Himmel schmeißen. Ja, er schenkt das Wachstum und die Früchte. Ohne mein Zutun wird es aber keine Ernte geben. Wenn wir Jesus nachfolgen wissen wir oft nicht im Voraus, wie Wachstum und Ernte konkret aussehen werden. Aber das macht nichts. Gott liebt es, unsere Erwartungen zu übertreffen, ich habe das schon so oft an mir selbst erlebt. Aber ohne mein Zutun wäre das alles nie passiert. Mein Zutun war: Mich Gemeinden anzuschließen. Selbst die Bibel zu lesen und zu studieren. Meine ganz persönliche Zeit mit Gott. Lernbereit zu sein. Mich korrigieren zu lassen. Auf mich zu achten. Wenn nötig auch Seelsorge und Therapie in Anspruch zu nehmen um alte, zerstörerische Muster hinter mir zu lassen.
Die Gute Nachricht an dieser Sache ist: Wir sind nicht Opfer. Wir sind dem Leben nicht hilflos ausgeliefert. Wenn es um uns selbst geht, haben wir viele Möglichkeiten, mit Gottes Hilfe und mit Hilfe anderer Menschen zu wachsen, zu lernen, weiser, klüger, heiler und reifer zu werden. Die Zumutung an dieser Sache ist: Wir können nicht alles an Gott und andere Menschen delegieren. Sobald wir erwachsen sind, sind wir selbst für unser Leben verantwortlich. Also auch dafür, uns Hilfe zu holen, wenn wir die nötigen Wachstumsschritte nicht alleine schaffen oder uns von anderen die Möglichkeiten dazu genommen wurden. Wobei es sich lohnt, sich dieser Zumutung zu stellen. Der Lohn dafür ist innere Heilung und innere Freiheit, die wir auf anderen Wegen so niemals finden werden. Und immer wieder in einem Ausmaß, das wir davor nicht für möglich gehalten hätten. Gott ist ein Gott des Überflusses. Es liegt an uns, ob wir bereit sind, unseren Teil zu tun um darin einzutauchen.
