Also etwas zu meiner Person:
Ich bin heute glücklich verheirateter Familienvater. Wir haben eine schöne Wohnung, brauchen kein Auto und es geht uns insgesamt sehr gut. Das war nicht immer so. Meine Kindheit und Jugend waren alles andere als glücklich. Wir haben als Familie sehr aneinander gelitten. Mein Vater wurde 1926 geboren. Er war ein sensibler Mann. Er erlebte als Kind die Wirtschaftskrise und das Schuschnigg-Regime, seine Wohnhausanlage im 2.Bezirk wurde während der Februarkämpfe 1934 mit Kanonen beschossen. Als Kind überzeugter Sozialdemokraten durchlebte er den Austrofaschismus. Als er 12 war kam Hitler an die Macht. Als Jugendlicher erlitt er ab 1943 den Bombenkrieg in aller Härte. Sein älterer Bruder, an dem er sehr hing, fiel im Jänner 1944 in Stalingrad. Nach Kriegsende ging er als junger Mann durch die Hungerjahre in Wien und musste sich in einem völlig zerstörten und besetzten Land eine Existenz aufbauen. All das hat es ihm sehr schwer gemacht, das zu leben, was Gott in ihn hineingelegt hat. Und trotzdem bin ich ihm heute unglaublich dankbar für das, was ich von ihm geerbt und gelernt habe. Er war ein außergewöhnlicher Mann, der ziemlich unbeeindruckt von gesellschaftlichen Normen seinen Weg ging. Dem Familie wichtiger war als Geld .Der meine Verrücktheiten als Teenager mit erstaunlicher Toleranz und Gelassenheit nahm und der trotz allem immer an mich glaubte. Als Teenager habe ich ihn gehasst. Heute bin ich stolz auf ihn und dankbar für alles, was er mir mitgegeben hat. Das ist eines der größten Wunder, die Gott in meinem Leben bewirkt hat.
Wie ging es weiter:
Mit 19 Jahren entschied ich mich, meinen weiteren Weg mit Jesus zu gehen. Das hat mich durch völlig unterschiedliche Kirchen geführt. Aufgewachsen bin ich als Kind als aufrechter Evangelischer, im Bewusstsein, der „bessere“ Christ zu sein als die ganzen „Katholen“ mit ihrer „Heiligenanbetung“ und so. Mit 20 kam ich in eine evangelikale Freikirche. Damit war ich der noch viel bessere Christ, weil nicht mehr Teil der „lauen Amtskirche“. Meine nächste Station war eine ziemlich wilde Pfingstkirche, und nun war ich „am Gipfel“ angelangt. Ich sah mich als Top-Christ, mit dem Heiligem Geist ausgestattet, den die Evangelikalen bekanntermaßen ja „nicht haben“. 1997 erlebte ich mein persönliches Ostern, wo mir Gott im tiefsten Inneren meines Herzens begegnete. Meine tiefe Selbstablehnung, meine Selbstzweifel, meine Zweifel an Gott waren plötzlich wie weggeblasen. Gott erfüllte mein Innerstes mit der Vaterliebe, die mir mein Leben lang gefehlt hatte, und damit war mit einem Schlag alles anders. Es war für meine Seele, wie wenn meinem Körper plötzlich ein fehlender Arm oder ein fehlendes Bein nachgewachsen wäre. Und dann ging es ab in die Wüste.
Meine Wüstenzeit:
Wie schon angedeutet war ich tief geprägt von einer ziemlich ungesunden Überheblichkeit. Mich selbst für den besseren Christen zu halten war mir zu der Krücke geworden, die mein fehlendes Selbstbewusstsein übertünchen sollte. Und genau diese Krücke zerbrach in dieser Zeit. Mein gesamtes damaliges Beziehnungsnetzwerk fiel auseinander. Ich schmiss Arbeit, Wohnung und die Kirche, die sowieso am Zerbrechen war hin, und flüchtete nach Leoben an die Montanuniversität, nur um dort festzustellen, dass aus mir nie ein Techniker werden wird. Ich flüchtete weiter in eine Beziehung, die sich als Desaster herausstellte. Nach fünf Jahren war die Beziehung zu Ende, weil sie nicht mehr zu retten war. Ernüchtert und erschüttert machte ich mich endlich wieder auf die Suche nach Gemeinschaft mit anderen Christen. Durch eine Kette bemerkenswerter „Zufälle“ landete ich in der Vineyard Wien, wo ich endlich mein spirituelles Zuhause fand. Das einzig wirklich Gute aus dieser Zeit war mein beruflicher Wechsel in den Sozialbereich. Ich bin zutiefst dankbar, dass dieser Schritt damals möglich war. Ich bin sehr dankbar für alles, was ich in der Wirtschaft lernen durfte. Aber ich bin trotzdem nicht für die Wirtschaft, sondern für die Arbeit mit Menschen geschaffen.
Ankommen:
Ich hab der Vineyard-Bewegung unendlich viel zu verdanken. Ich war insgesamt 20 Jahre Teil der Vineyard Wien. Ohne sie wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin. Ich durfte in ihr heranreifen von einem unsicheren, immer noch verletzten Menschen zu einer Führungspersönlichkeit.Ich habe mich von anfang in den bodenständigen, bescheidenen und ehrlichen Stil dieser Bewegung verliebt. Ich fand in ihr mehrere Schätze: Der ganz klare Bezug die Bibel als Gottes Wort als unerschütterliches Fundament in allem, was man lebt. Die für mich beste und gesündeste Theologie was das Leben in einer zerbrochenen Welt betrifft und welche Rolle wir als Nachfolger von Jesus darin haben. Und eine kindliche Offenheit für das Wirken von Gottes Geist. Oft hatte das Gefühl: Ich kann und will in keiner anderen Kirche mehr sein – außer Gott sagt mir deutlich, dass ich das soll.
Neue Wege
Was für uns im Herbst 2023 undenkbar erschien, wurde im Frühjahr 2024 Wirklichkeit: Gott zeigte meiner Frau und mir sehr klar, dass es wichtig und notwendig ist, dass die Vineyard Wien, die wir leiten, geschlossen wird. Das Bibelwort dazu steht in Johannes 12,24: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ Ich glaube nicht, dass es für einen Leiter oder Pastor etwas schmerzvolleres gibt, als die eigene Kirche zu schließen. Meine Frau und ich sind zutiefst dankbar dafür, dass es uns gelungen ist, das in Würde zu tun. Unser Abschlussgottesdienst war ein großes Fest mit vielen Freunden. Die Vineyard Wien gab es insgesamt 30 Jahre. Gott hat viele gute Dinge durch diese Kirche bewirkt. Und genau das haben wir in unserem allerletzen Gottesdienst gemeinsam gefeiert.
Seit Sommer 2024 sind wir als Familie Teil des „Wunderwerks“. Gott hat mir klar gesagt, dass ich in diese Kirche gehen soll1Ich brauchte diese klare Ansage. Für meine Frau war der Wechsel viel einfacher als für mich. Und dass ich lernen darf, eine andere Kultur zu lieben. In einer großen, gesunden Kirche. Die „anders“ ist als die Vineyard. Aber um nichts „schlechter“, im Gegenteil. Und so genießen wir es als Ehepaar sehr, als einfache Kirchenmitglieder im kindlichen Vertrauen darauf zu warten, dass Gott uns zur richtigen Zeit zeigt, was unsere nächsten Schritte sein werden.