Wenn ihr mir (Jesus) gehorcht, sollt auch ihr sagen: „Wir haben keine
besondere Anerkennung verdient. Wir sind Diener und haben
nur unsere Pflicht getan.“ (Lukas 17.10)
Ich bin heute glücklich verheirateter Familienvater. Ich habe eine wunderbare Frau und eine tolle Tochter. Wir haben eine schöne Wohnung, brauchen kein Auto und es geht uns insgesamt sehr gut. Mit 19 habe ich mein Leben Jesus in die Hände gelegt, weil mir klar war, dass ich es ohne seine Hilfe ziemlich sicher an die Wand fahren werde. Damals hatte ich noch keine Ahnung, was das bedeutet. Heute liebe ich Gott aus tiefstem Herzen, weil er besonders in den Härten meines bisherigen Lebens immer für mich da war, mich durchgetragen und am Ende auf einen guten Weg geführt hat. Anfang 20 war ich hinter meiner freundlichen Fassade ein tief verletzter, selbstgerechter Mensch, der sich in seiner Opferrolle suhlte. Das ist heute ganz anders, wobei bis an mein Lebensende gilt: „Ich will nicht behaupten, ich hätte dies alles schon erreicht oder wäre schon vollkommen!“ Paulus schrieb diesen Satz ein seinem wahrscheinlich letzten Brief (Philipper 3,10) bevor er in Rom hingerichtet wurde.
Härten habe ich genug erlebt. Eine sehr schwierige Kindheit und Jugend. Keine guten Erfahrungen mit meiner ersten Kirche. Der Abschied nach 5 Jahren war ein harter, schmerzhafter Schritt. Von meiner meiner zweiten Kirche trennte ich mich nach drei Jahren. Ich verdanke ihr viel, aber zuletzt gingen zu viele in eine Richtung, die ich nicht mitgehen wollte und konnte. Mit 27 zerfiel mein Leben. Ich kündigte meinen Job, begann das falsche Studium und endete für 5 Jahre in einer sehr ungesunden Beziehung, die mich viel kostete. Zwei fatale Fehlentscheidungen. Mit 36 zog mir ein schweres Burnout blitzartig den Boden unter den Füßen weg, erst nach zwei Jahren war ich einigermaßen wiederhergestellt. Mit 55 bekam ich eine Leukämiediagnose. Meine letzte Chemotherapie war so hoch dosiert, dass der Körper – nach allem was er vorher durchmachen musste – in etwa ein Jahr braucht, um sich davon zu erholen. Gott sei Dank habe ich die Leukämie dank einer Knochenmarkspende endgültig hinter mir. Wer Knochenmark spenden will, kann sich hier oder hier registrieren. Ihr rettet damit Leben.
Und trotzdem:
Ich habe Gott nie losgelassen. Habe ich nie gesagt: Danke, Gott, aber nach all dem habe ich echt keinen Bock mehr auf dich. Warum das so war, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Irgendwas in meinem Herzen wusste immer, dass Gott mein einziger sicherer Ort ist. So wie Petrus, als er sagte: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Nur du hast Worte, die ewiges Leben schenken.“ (Johannes 6,68)
Von Anfang meines Weges mit Jesus an hatte ich Begegnungen mit Gott, in denen er mir gezeigt hat: Hey, ich hab dich lieb, du kannst mir vertrauen, ich bin nicht „so“. Ich habe auf diesem Weg zwei massive Wunder erlebt. Das erste mit 17, das zweite mit 27. Ich weiß, wie es ganz real aussieht, wenn es einem „wie Schuppen von den Augen fällt“. Mit 27 hat Gott mir innerhalb eines Augenblicks meinen Selbsthass und meine tiefe Selbstablehnung genommen und mich förmlich ersäuft in seiner unendlich großen väterlichen Liebe. Ich bin seitdem ein anderer Mensch.
Gott hat mich nach einer schmerzhaften Reise durch unterschiedliche Kirchen in die Vineyard-Bewegung hineingeführt. Ich verdanke der Vineyeard enorm viel. Sie war 20 Jahre mein Zuhause, meine Seele wurde dort gesund. Ihre Werte und die Art, wie sie Kirche lebt, haben mich tief geprägt. Dass Gott es mir zugetraut hat, dass meine Frau und ich die Vineyard Wien in ihren letzten 10 Jahren leiten durften, hat mich tief berührt. Er hat es uns geschenkt, dass wir eine Kirche, der die Kraft ausgegangen war, mit einem großen Fest schließen konnten. Dort haben wir das viele Gute, das Gott durch diese Kirche getan hat, ein letztes Mal gefeiert.
Die Zeit, eine Kirche zu leiten, ist für mich vorbei und das ist gut so. Ich bin dankbar, kein Leiter mehr zu sein. Eine Kirche zu leiten und für die Menschen in ihr da zu sein ist ein großes Vorrecht und eine wunderschöne Aufgabe. Ich habe das bis zum Schluss gerne gemacht. Gleichzeitig verlangt sie einem aber viel ab. Man trägt eine hohe Verantwortung, man braucht viel Kraft und Energie dafür und muss fähig sein es auszuhalten, immer wieder auch Reibebaum und Projektionsfläche zu sein. Und man darf niemals den Fehler machen, seinen eigenen Wert an irgendeinem Titel oder einer Funktion fest zu machen.
Heute sind wir als Familie Teil des Wunderwerks. Eine Kirche, die vom äußeren Stil her teilweise anders ist als eine Vineyard. Daran musste ich mich gewöhnen. Von ihren Werten und wie sie ihren Glauben lebt ist es eine zutiefst gesunde, starke Kirche. Ich bin dankbar, Teil davon zu sein. Es ist für uns als ganze Familie ein neuer Lebensabschnitt. Wohin Gott mich führen wird, wird sich zeigen. Derzeit genießen meine Frau und ich es, als kleine Kirchenmitglieder einfach nur zu sein.