michelle obermann hat sich in einem kommentar in der new york times mit genau dieser fage beschäftigt. sie beleuchtet das anhand der beispiele südamerikanischer staaten wie chile, wo abtreibungen ohne jede ausnahme verboten waren. ihr fazit: verbote lösen das problem nicht. abtreibungsauslösende medikamente sind online überall verfügbar. wenn es im zuge dessen zu komplikationen kommt, führt das zu einer kultur der denunziation, wo fast nur armen frauen unterstellt wird, abgetrieben zu haben, obwohl man medizinisch nicht unterscheiden kann, ob es aufgrund einer medikamenteneinnahme oder wegen anderer komplikationen zu einer fehlgeburt kam. ich weiß nicht, wo michelle obermann weltanschaulich steht, in der analyse muss man ihr in jedem fall recht geben.
wir müssen der tatsache ins auge sehen, dass kein gesetz der welt abtreibungen zum verschwinden bringen wird. ich bin überzeugt davon, dass eine abtreibung die schlechteste lösung im fall einer ungewollten schwangerschaft ist. man sollte alles tun, um eine abtreibung zu vermeiden – auch dadurch, dass es durch gesunde und altersentsprechende aufklärung und solides wissen über verhütung gar nicht erst zu ungewollten schwangerschaften kommt.
ich würde mir für die organisationen in der lebensbewegung folgenden zugang wünschen: dass sie den betroffenen frauen einerseits jede hilfe und unterstützung zukommen lassen, damit es zu keiner abtreibung kommen muss. und dass sie, wenn sie sich doch für eine abtreibung entscheiden, für diese entscheidung nicht verurteilt werden (und auch vor jenen geschützt werden, die sie deswegen verurteilen wollen), sondern weiterhin jede notwendige unterstützung erhalten. in jedem fall muss der fokus auf die unterstützung der frauen gerichtet sein. für mich ist das der einzige wirklich jesusmäßige umgang mit dieser problematik. ich weiß, dass das vielerorts in den organisationen schon so gelebt wird. was mich schmerzt sind wortmeldungen aus dem umfeld, die oft sehr, sehr hart und verurteilend sind und die damit alle ehrlichen und seriösen bemühungen, abtreibungen zu vermeinden, in der öffentlichkeit völlig diskreditieren.
wir alle treffen falsche entscheidungen. kleine jeden tag. und große auch öfter als wir es uns wünschen würden. nein, jesus sagt nicht, hey, macht nichts, ist nicht so schlimm. es geht nicht darum, dinge, die wirklich nicht gut sind, auf diese weise zu verharmlosen. das hilft niemandem. die andere seite ist: jesus kennt uns durch und durch, und das ist ein großer trost, weil er auf diese weise ganz genau weiß und versteht, warum es uns in einer bestimmten situation nicht möglich war, uns anders zu entscheiden. selbstgerechte und verurteilende aussagen wie „abtreibung ist mord“ helfen niemandem weiter, am allerwenigsten den betroffenen frauen. würde gott mit uns so umgehen, dann hätte er uns alle schon längst durch einen feuerregen erschlagen müssen. wer ungewollt schwanger ist, braucht zuallererst hilfe und unterstützung. auch auf emotionaler ebene. und unabhängig davon, wofür sich die frau (oder frau und mann) am ende entscheiden.
jesusmäßig mit menschen umzugehen heißt, sich an ihre seite zu stellen. auch dann, wenn man das, was sie tun, falsch findet. denn jesus geht mit uns genauso um. ich treffe immer, immer wieder falsche entscheidungen. viele male am tag. und immer wieder auch größere, die mir und anderen schaden und menschen verletzen. wir alle sind nicht perfekt. und genau deswegen brauche ich gottes gnade und seine hilfe jeden tag. immer, immer wieder. und gott schenkt sie mir immer wieder gerne. wenn ich also weiß, wie sehr ich permanent auf gottes gnade und barmherzigkeit angewiesen bin, und wenn ich verstanden habe, dass ich ohne seine hilfe in wirklichkeit aufgeschmissen wäre, wer bin ich dann, dass ich andere verurteile und auf sie herabschaue, weil sie ebenfalls fehler machen? wer bin ich, dass ich frauen oder ärzte dann als „mörder“ beschimpfe? jesus sagte in der bergpredigt: wer schlecht über seine mitmenschen redet und sie beschimpft, ist um nichts besser als ein mörder. nach diesen maßstäben bin ich ein massenmordendes monster. genauso wie jene, die bei demos oder vor abtreibungskliniken „mörder!“ schreien oder transparente mit solchen sprüchen in die höhe halten.
hören wir doch bitte auf damit. und lernen wir von jesus. lassen wir uns lieber so wie er für unseren „schlechten umgang“ beschimpfen, als uns schulterklopfend in die reihen jener einzuordnen, die sich auf der seite der „guten“ wähnen. die pharisäer waren auch keine erzbösewichte, sondern ehrlich davon überzeugt, dass sie die wirklich gottgefälligen juden sind.
übrigens, wer glaubt, dass post abortional stress eine erfindung böser fundamentalisten ist, um menschen moralisch unter druck zu setzen, der möge doch bitte einen blick auf die auf der seite von save one europe verlinkten studien werfen.