Gedanken zum Terroranschlag in der Wiener Innenstadt

„Denn wir kämpfen nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut, sondern gegen die bösen Mächte und Gewalten der unsichtbaren Welt, gegen jene Mächte der Finsternis, die diese Welt beherrschen, und gegen die bösen Geister in der Himmelswelt.“ (Epheser 6,12)

Christen kennen diesen Satz von Paulus aus dem Brief an die Epheser gut, der in der momentanen Situation brandaktuell ist. Was will Paulus uns damit sagen? Wir leben in einer zutiefst zerbrochenen Welt. Eine Welt, in der es manchmal den Anschein hat, dass das Böse überhand nimmt, weil Menschen anderen Menschen die furchtbarsten Dinge antun. Die zutiefst menschliche Reaktion darauf ist: Angst und Unsicherheit, weil es ja schließlich auch uns treffen kann. Aber auch Zorn, Hass und Rachegedanken, weil wir es nicht ertragen, dass Menschen wahllos auf wildfremde Personen schießen, die ihnen nichts getan haben und nichts Böses wollen. Es ist auch unerträglich, dass solche Dinge passieren, weil sie so falsch und so zerstörerisch sind. Es ist aber gleichzeitig wichtig, dass wir einen Blick hinter die Fassade werfen, und sehen, wo die verborgenen Wurzeln solcher Dinge liegen.

Paulus sagt: Wenn es um den Kampf gegen das Böse geht, dann können wir den nur dann so führen, wie Jesus das von uns will, wenn wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Wir werden nicht gewinnen können, wenn wir nur die Menschen sehen, die Böses tun, und nicht die spirituellen Kräfte, die dahinter stehen. Paulus sagt sehr klar: Das, was das Böse eigentlich verursacht, sind nicht Menschen. Das, was das Böse verursacht, ist eine zutiefst bösartige spirituelle Macht, die eine Heerschar böser spiritueller Wesen beherrscht, um in unserer sichtbaren Welt alles Gute, Schöne und Wertvolle zu beschmutzen, zu pervertieren und zu zerstören. Diese Macht ist die Quelle des Hasses, der Menschen wie den Attentäter antreibt, der sich dann aus Hass auf eine von ihm abgelehnte Kultur und ihren Lebensstil entscheidet, die Menschen, die ihn leben, zu töten, um die Gesellschaft, die das gutheißt, zu zerstören. Es ist diese Macht, die Terroristen benutzt, um Leid, Tod und Zerstörung zu säen, und die am Ende auch die Menschen, die sich dermaßen verblenden haben lassen, zerstört. Der Attentäter wurde ja nach weniger als zehn Minuten von der Polizei getötet.

Das ist nun alles schön und gut, aber was machen wir mit dieser Information? Wie hilft die uns, besser mit Ereignissen wie denen, die sich in der Wiener Innenstadt abgespielt haben, umzugehen?

Ich sehe darin einen ganz zentralen Aufruf an mich selbst: Hass, Zorn und Rachegedanken gegenüber Terroristen, gegenüber Moslems, gegenüber Flüchtlingen, gegenüber dem radikalen Islam, ist keine Lösung. Wenn ich mit Hass auf Hass reagiere, werde ich diese Welt zu keinem besseren, sondern zu einem noch schlimmeren Ort machen. Und das will ich nicht. Für mich ist dieser Satz von Paulus ein Türöffner. Ein Türöffner, um hasserfüllten Menschen nicht mit Hass, sondern mit Liebe zu begegnen. Weil sich dann mein Bild von diesen Menschen völlig verwandelt. Wo ich dann nicht mehr den bösartigen Terroristen sehe, der blindwütig auf andere Menschen schießt, sondern die tragische Geschichte eines irregeleiteten Menschen, der von Gott um nichts weniger begabt und geliebt ist als ich, der sich aber tragischerweise entschieden hat, seine Gaben und Talente nicht für das Gute, sondern für das Böse einzusetzen. Ein Mensch, der anstatt einem Leben, das erfüllt ist von Liebe, Wertschätzung und Geborgenheit ein Leben voller Hass, Zorn, Bitterkeit geführt hat. Ein Mensch, der sich dazu  verführen ließ, im Namen eines Gottes Tod, Hass und Zerstörung in die Welt hinauszutragen.

Versteht mich nicht falsch: Damit will ich nichts relativieren oder entschuldigen. Was geschehen ist, ist furchtbar, und dass der Attentäter getötet wurde, war die Konsequenz seines Handelns. Es ist nie gut, wenn ein Mensch getötet wird. Es gibt aber Situationen, in denen es die einzige Möglichkeit ist, um andere Menschen vor Trauma, Leid und Tod zu schützen. Und das ist durch die Polizei geschehen, durch Männer und Frauen, die um ihrer Mitmenschen willen dabei ihr eigenes Leben in Gefahr gebracht haben, wofür ihnen unser aller Dank und Respekt gebührt. Ein Polizist wurde schwer verletzt dabei. Unser Mitgefühl und unsere Gebete müssen bei allen Opfern und Betroffenen dieses furchtbaren Anschlages sein, die jetzt medizinische Hilfe und menschliche Unterstützung brauchen, um das, was geschehen ist, bewältigen zu können.

Ich möchte Euch aber bitten und einladen, nicht dort stehen zu bleiben, sondern noch einen Schritt weiter zu gehen. Wo kommen die Menschen, die solche Dinge tun, her? Und wo kommt die tödliche Ideologie her, die diese Menschen antreibt? Sie kommen aus Ländern, die von einem fundamentalistischen, intoleranten und gewalttätigen Islam geprägt sind. Ein Islam, der von einer Elite gepredigt wird, die voller Hass und Verachtung für Werte wie persönlicher Freiheit, Mitbestimmung, der Gleichheit aller Menschen, oder des Respekts vor Andersdenkenden ist. Eine Elite, die den Menschen in ihren eigenen Ländern ihre Ideologie mit Gewalt aufzwingt, und die keine anderen Ansichten neben sich duldet. Es sind Länder, die in Geiselhaft einer zerstörerischen Ideologie sind, die die Menschen dort unterdrückt und innerlich vergiftet. Und deswegen brauchen auch diese Menschen unser Gebet. Es ist so wichtig, dass wir nicht nur für „unsere Leute“, sondern auch für die Menschen und die Führer in den islamischen Ländern beten, weil wir auf diese Arte unseren Teil dazu beitragen, dem Hass und der Gewalt den Boden zu entziehen. Genauso wichtig ist es, für die Christen in diesen Ländern zu beten, die dort verfolgt und unterdrückt werden, damit es ihnen gelingt, mit der Botschaft von Jesus zu noch viel mehr Menschen durchzudringen, damit diese Länder frei werden von diesen falschen und zerstörerischen Gedankengebäuden.

Ich möchte mit einem Satz aus dem Buch Hiob abschließen, der mich immer wieder tief berührt, wenn ich daran denke, in welcher Situation Hiob ihn ausspricht:

„Und doch weiß ich, dass mein Erlöser lebt und auf dieser Erde das letzte Wort haben wird.“ (Hiob 19,25)

Wenn wir Jesus nachfolgen, müssen wir uns nicht verunsichern lassen durch solche zutiefst erschütternden Ereignisse. Es gibt keinen Grund für Angst und Verunsicherung für uns, weil Jesus uns versprochen hat, dass er immer mit uns und bei uns sein wird. Im letzten Satz des Matthäusevangeliums sagt uns Jesus:

„Und ich versichere euch: Ich bin immer bei euch bis ans Ende der Zeit.“ (Matthäus 28,20)

Jesus sagt auch, dass wir keine Angst zu haben brauchen:

„In der Welt werdet ihr hart bedrängt. Doch ihr braucht euch nicht zu fürchten: Ich habe die Welt besiegt.“ (Johannes 16,33)

Der Apostel Johannes weist uns darauf hin, dass es für uns keinen Grund für Angst vor bösen Mächten gibt, weil Jesus, der in uns  lebt, so viel mächtiger ist:

„Denn der, der in euch lebt, ist größer ´und stärker` als der, von dem die Welt beherrscht wird.“ (1. Johannes, 4,4)

Gerade in Situationen wie dieser brauchen die Menschen um uns herum Menschen, die sich nicht von Angst, Unsicherheit und Zorn anstecken lassen. Als Nachfolger von Jesus haben wir gerade jetzt etwas zu geben: Einen Halt und eine Sicherheit, die nicht davon abhängen, wie die äußeren Umstände sind, weil Jesus über all diesen Dingen steht und uns fest versprochen hat, uns durch alle Umstände durchzutragen, egal wie verrückt, erschreckend oder belastend sie auch sein mögen. Helfen wir auf diese Weise mit, unser persönliches Umfeld, und damit auch unsere Stadt zu verändern.

Beitragsbild von Pete Linforth auf Pixabay